© Biomasseverband- Hermann Scheer
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Hermann Scheer und die EEG-Umlage

Nachruf anlässlich des 2. Todestages von Hermann Scheer

Hermann Scheer verstarb am 14. Oktober 2010 plötzlich und überraschend an einem Herzversagen. Der Ursache seines Todes wurde keine weitere Aufmerksamkeit gewidmet. Trotz der ungereimten Umstände gab es keine Obduktion. Was seither in dem von ihm als einem kühner Vordenker so brillant vertretenen Bereich geschehen ist, lässt hingegen Rückschlüsse zu, die eher der Stoff eines zweitklassigen Krimis sein könnten.

In seinem letzten Buch, Der energethische Imperativ, hat Hermann Scheer die Mechanismen und Hintergründe für fossile Energieträger - allen voran der Atomkraft - aufgedeckt. Ebenso, wie die Notwendigkeit zu 100% erneuerbarer Energie - wie in seiner Rolle als Hauptprotagonist in Die vierte Revolution. Auf seine unverkennbare Weise und argumentativ untermauert, die kein stichhaltiges Gegenargument zulässt. Nach wie vor.

Eine Debatte, wie sie aktuelle im Bundestag stattfindet - zur Erhöhung der EEG-Umlage um fast 50% -, hätte es in dieser Form nicht geben können, wenn Hermann Scheer noch Mitglied dieses Bundestages wäre. Er hätte jedes Argument eines Peter Altmaier mit Fakten und Zahlen widerlegt. Eine ernsthafte Erwägung dieser rein gewinnmaximierenden Maßnahme wäre gar nicht infrage gekommen.

Abgesehen von der inhaltlich gegenstandslosen Forderung nach weiterer Erhöhung der EEG-Umlage, hat diese weitere Kampagne des amtierenden Bundesumweltministers vor allem den Sinn, den erneuerbaren Energien einen weiteren Imageverlust zu bescheren. Sie behauptet fälschlicher Weise über das Portemonnaie spürbar, dass die Preise erneut steigen, weil es erneuerbare Energien gibt. Und dieser Rückschluss wird ganz sicher auch von einem Großteil der Bevölkerung dankbar angenommen, der sich nach wie vor nicht sonderlich mit der Thematik inhaltlich auseinander setzt und nach einfachen Antworten für komplexe Sachverhalte sucht. Dieselben Menschen, die laut Umfragen heute wieder FDP und überwiegend Union wählen würden - also genau die Parteien, die maßgeblich für diese Situation verantwortlich sind. Genau genommen haben die Spitzenvertreter dieser Parteien diese Situation überhaupt erst möglich gemacht. Genau das war in diesem Umfang nur durch Hermann Scheers Ableben möglich.

Auch Claudia Roth von den Grünen hätte ganz sicher eine Menge Gegenwind erfahren, wenn sie sich - wie aktuell - versucht hätte als volksnahe Vertreterin zu inszenieren. Sie hat, laut Tagesschau, den Vorstoß Altmaiers scharf kritisiert und die Idee der Quotierung für ungeeignet erklärt. Weiterhin hat sie in diesem Zuge die Frage aufgeworfen, was wirklich die Strompreise nach oben treibt. Eine Frage, die Hermann Scheer im selben Atemzug hätte beantworten können. Vor Ort.

Auch die Aussage eines Philipp Rösler, der sich gegen die Einführung von Sozialtarifen aussprach, wäre mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit an Scheers Argumentation zerschellt.

Dass Claudia Roth die Schwarz/Gelbe Regierung dafür kritisiert, unter ihrer Federführung sei die Zahl der Ausnahmeregelungen für Stromsubventionen exzessiv angestiegen, ist eine rhetorische Farce. Sie suggeriert, dass diese Entwicklung unter Rot/Grün so nicht verlaufen wäre. Das ist reine Spekulation. Quod erat demonstrandum (Was zu beweisen war), wie es im Lateinischen so schön heißt.

Einmal mehr, geht diese Art Debatte inhaltlich am eigentlichen Thema vorbei. Die Frage, was die Strompreise in die Höhe treibt, stellt sich tatsächlich in keiner Weise. Es ist längst evident, dass die Stromkonzerne, denen die Stromnetze gehören, den höchstmöglichen Gewinn aus dem Markt abschöpfen wollen. Eine Maßnahme, die rein marktwirtschaftlich und mit kapitalistischem Hintergrund sehr gut nachvollziehbar ist.

Wirklich gute und stichhaltige Argumente fehlen in dieser Debatte schmerzlich, seit Hermann Scheer das politische Parkett verlassen musste. Dieser sinnfreien Debatte werden wohl weitere folgen. Ebenso wie weitere Preiserhöhungen und die systematische Denunzierung erneuerbarer Energien. Wie gefährlich es ist, seinen Prinzipien treu zu bleiben, beweist Scheer unwiderlegbar. Da muss man die anderen Volksvertreter verstehen. Eines steht jedoch außer Frage: Hermann Scheer fehlt in diesen Tagen mehr denn je.

Ruhe in Frieden.

GastautorIn: Oliver Rückemann für oekonews.
Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /